Vorneweg sei ein Disclaimer erlaubt: Ich will niemanden bekehren. Ich finde Tierschutz zwar wichtig, habe aber kein ethisches Problem damit, Tiere für die menschliche Ernährung zu halten und gebrauchen. Genausowenig ist mein Motiv religiös; genauso, wie ich Weihnachten und Ostern feiere, übernehme ich auch hier ein Ritual aus dem Kanon des Christentums. (Und bin mir auch bewusst, dass die Fastenzeit im Gegensatz zu Weihnachten und Ostern auch wirklich nicht heidnische oder astronomische Ursprünge hat.) Bei dem, was ich hier beschreibe, ging es um mich und meine Neugier.
Dieses Jahr wollte ich die Fastenzeit nach meinen Experimenten mit vegetarischem Essen in den letzten drei Jahren mal mit veganem Essen probieren. Dabei ging es mir vor allem um das Ausprobieren; wie gut würde das gehen? Wie gut würde es mir damit gehen? Welche Alternativen gibt es denn zu Käse etc.?
Zu Hause habe ich Unterstützung, und zu Weihnachten habe ich zwei vegane Kochbücher geschenkt bekommen. Interessante Sache, das. Eines erzählt etwas von der Angst der Tiere, die man mitisst, und von Schmetterlingen, die sich einem Veganer im Wald auf den Kopf setzen würden, das andere erzählt einfach davon, dass Massentierhaltung nicht schön ist und die Autorin einfach mal nach einer Alternative geguckt hat. Letztere wird dafür kritisiert, dass sie „Vegan aus falschen Gründen“ sei. Oh mann.
So habe ich also sehr viel ausprobieren und experimentieren können, mit gemischtem Ergebnis: Milchersatzprodukte haben mich durch die Bank weg sehr wenig überzeugt. Die meisten „Milch“s sind gesüßt, egal ob Hafermilch, Mandelmilch oder Sojamilch, und das mag ich eher nicht. Quark und Joghurt gehen besser, überzeugen mich aber auch nicht. Vegane grüne Soße? I don’t think so. Käse habe ich in einer veganen Variante probiert, dieses vorwiegend aus Kokosfett bestehende Ding hat mich dann aber so angewidert, dass der Rest im Mülleimer gelandet ist. Für Eier (beim Backen) scheint Kichererbsenmehl ein guter Ersatz zu sein, aber viel gebacken habe ich nicht, und für Pfannkuchen fand ich die Sojamilch zu Süß, sodass es sehr wenig gibt, wo ich einen Eiersatz gebrauchen könnte.
Tofu hatte ich vor drei Jahren bei meinem ersten vegetarischen Experiment noch sehr kategorisch ausgeschlossen, vor zwei Jahren hatte sich das schon langsam verbessert; Vegan kommt man da kaum drum herum. Also, neue Chance. Das Soja-Schnitzel ist für mich immernoch keine gute Vorstellung, aber Soja-Hack finde ich lecker, und in Soja-„Fisch“-Stäbchen konnte ich sogar gut in Tofu reinbeißen. Ansonsten gibt es natürlich sehr viel Gemüse und Pilze; Suppen und Eintöpfe bieten die Möglichkeit für sehr abwechslungsreiche Gerichte. Besonders schön fand ich die Idee einer Polenta-Pizza; Polenta mit Gemüsebrühe kochen, in ein Backblech, Tomatenmark darauf (im „Teig“ ist schon genug Gewürz) und dann belegen.
Für Brot und Brötchen gibt es mittlerweile recht viele und sehr verschiedene vegane Aufstriche; die habe ich schon länger sporadisch gegessen und auch durchprobiert, jetzt ein wenig genauer unter die Lupe genommen. Viele sind lecker, manche würde ich nicht ein zweites Mal kaufen und bei wenigen habe ich mich dann schon über den ersten Kauf geärgert. Die Negativliste führt für mich eine Vegane Teewurst an. Schauder.
Und nun nehme ich sogar ab. Das tut mir zwar nicht unbedingt schlecht, wenn ich aber Mittags auf einmal fünf Brötchen und eine ganze Packung Chips (oh, übrigens, interessante Beobachtung: die billigen sind vegan, bei den teuren ist sehr häufig Milchpulver drin — WTF?) esse, weil ich so viel Hunger habe, ist das nicht unbedingt gut. Satt werden – nachhaltig satt werden – scheint mir mit veganer Ernährung wesentlich schwerer zu fallen als vegetarisch. (Oder vielleicht fahre ich zu viel Rad momentan: dieses Jahr schon etwa 700 Kilometer!)
Vegan bedeutet also eine Umstellung und Umgewöhnung, aber das war ja zu erwarten. Und sonst? Eigentlich nichts. Schmetterlinge haben sich noch nicht auf mich gesetzt, ich kann nicht besser oder schlechter schlafen, meine Haut hat sich nicht verbessert, ich fühle mich nicht fitter als sonst (ich versuche, jahreszeitliche Schwankungen herauszurechnen), aber meine Vorfreude auf die erste Grüne Soße (wie gesagt, nicht vegan!) wächst.
Wann ich genau mit vegan aufhöre, ist noch nicht ganz klar, weil ich an Karfreitag nach Afrika fliege und ich die Umstellung auf „normales“ Essen gerne von der Umstellung auf sicherlich andere Ernährung in Malaŵi trennen möchte, auch um zu wissen, woher letztendlich mögliche Verdauungsprobleme kommen. Eine Woche vor Ostern, also jetzt in einer Woche, wird wohl eine gute Wahl sein. Bis dahin sind dann auch die Brotaufstriche alle 🙂
Kommentare
Eine Antwort zu „Heißhunger“
[…] ich fertig gefastet hatte, ging es wie angekündigt nach Afrika, genauer gesagt in das kleine Malaŵi, in dem meine Schwester […]