Aus aktuellem Anlass schreibe ich mal zusammenhangslos von einer Fahrkartenautomatgeschichte, der Zusammenhang kommt dann später:
Ich wollte von Sassnitz (auf Rügen) nach Ostseebad Heringsdorf (auf Usedom) fahren und dabei über Świnoujśce fahren (von Heringsdorf aus dann mit dem IC heim, aber das ist unwichtig). Świnoujśce liegt hinter Ostseebad Heringsdorf, sodass die Strecke zwischen beiden Bahnhöfen hin- und herbefahren werden müsste. Da ich nicht komplett mit allen Tarifbestimmungen der Bahn vertraut bin, gehe ich also Sonntag morgens in Sassnitz an den Automaten der DB und suche eine Verbindung, die das beinhaltet. Ergebnis:
Bahnhof | Uhr | Zug |
---|---|---|
Sassnitz | ab 09:06 | RE 13006 |
Stralsund Hbf | an 09:57 | |
Stralsund Hbf | ab 10:14 | RE 69633 |
Züssow | an 10:49 | |
Züssow | ab 11:07 | UBB 29419 |
Swnioujscie Centrum | an 12:40 | |
Swnioujscie Centrum | ab 13:18 | |
Seebad Heringsdorf | an 13:28 |
Zu genau dieser Verbindung wird mir ein Preis genannt — € 15,05 mit BahnCard 50, billiger als alle Nahverkehrssondernetzangebote — und ich kann zu genau dieser Verbindung eine Fahrkarte kaufen. Der Automat weist mich in keinster Weise darauf hin, dass eine solche Fahrkarte grundsätzlich nicht verkauft werden darf. Eine halbe Minute später bin ich also 15,05 € ärmer und um diese Fahrkarte reicher (am Anfang natürlich ohne die Zangenabdrücke):
Und diese Fahrtkarte ist gültig von Sassnitz bis Heringsdorf, aber nicht über Świnoujśce. Weil ich immer interessant finde, was da bei den VIAs steht, ist mir das aufgefallen. Frage bei der Zub im RE nach Stralsund: Aber da müssen sie ja gar nicht über Świnoujśce fahren — ja, aber da will ich doch langfahren. „Fragen Sie mal in Stralsund im Reisezentrum.“
Praktisch die selbe Auskunft bekomme ich ebenda, und die Dame versucht mir zu zeigen, dass ich ja auch gar keine Fahrkarte für diese Verbindung würde buchen können. „Sehen Sie hier, gibt mir keinen Preis! Und jetzt ohne über Świnoujśce: … Oh, auch kein Preis. Achso, hier… da… so, jetzt: Also, direkt, 15,05 €. Na, da haben sie ja wenigstens nicht zu viel bezahlt. Jetzt guck ich aber doch noch mal über Świnoujśce: Ähm. Da steht jetzt auch der Preis. Aber das dürfte doch gar nicht sein!“
Ich sollte die Zub im Zug der Usedomer Bäderbahn fragen, zur Not könne ich dort ohne Aufpreis nachlösen. Gesagt, getan. Die freundliche Zub guckt sich das an und sagt mir, ich solle den Reiseplan behalten und dann den Kollegen zwischen Heringsdorf und Świnoujśce vorzeigen, eventuell müsste ich dann € 2,50 bezahlen. BahnCard-Rabatt gibt es natürlich nicht. Bis Świnoujśce behelligt mich niemand mehr — bin ich also jetzt schwarzgefahren? Bei der Rückfahrt dann gleiches Spiel mit einer anderen Zugbegleiterin „die ist hier aber nicht gültig“ — aber ich habe doch genau diese Fahrkarte für genau diese Verbindung gekauft!“ — „Ich gucke mal nach, geben Sie mal her“. Sagt’s, verschwindet nach vorne (keine Ahnung, mit wem sie sich konsultiert), kommt zurück mit „nee, geht nich.“
Im nachhinein ärgere ich mich, dass ich nicht behauptet hatte, kein Bargeld zu haben. Was wäre dann gewesen? Hätte ich in Świnoujśce bleiben oder zurücklaufen müssen (aber ich wollte dann den IC nach Köln nehmen)? Im Reisezentrum der UBB in Heringsdorf erzählt mir dann die Schalterbeamtin, dass dieses Problem öfters auftaucht und ich mich doch mal als Kunde an die Bahn wenden solle (habe ich getan), denn mir wird vielleicht eher geglaubt als denen.
Falls das alles zu sehr gemecker ist: Ich möchte ganz besonders alle beteiligten Mitarbeiterinnen der DB Regio Mecklenburg-Vorpommern und der UBB loben. Alle waren sehr freundlich und keine von ihnen trifft eine Schuld. Und da ich nunmal auf die VIAs gucke, hat mich das ganze am Ende auch nicht unvorbereitet getroffen (wenn ich auch jedes Mal ahnungslos getan habe). Mein Problem ist ganz einfach, dass ich weder vor dem Bezahlen noch danach darauf hingewiesen werde, dass die Fahrkarte nicht für die ausgewählte Verbindung gültig ist, und das Problem ganz offensichtlich öfters auftritt und bekannt ist. Das ist für mich nahe am Betrug.
Ich schreibe das hier alles nicht, weil ich 2,50 € wiederhaben will (denn mit BahnCard-Rabatt in beide Richtungen hätte ich pro Strecke 0,55 € bezahlt), denn ich war nicht schnell genug im Denken, um 40 Euro zurückfordern oder deren Zahlung ablehnen zu können. Nein: Ich schreibe das, weil ich es einfach nicht in Ordnung finde, dass ein bekanntes Problem, das Leute zum unabsichtlichen Schwarzfahren bringt, bestehen bleibt.
Disclaimer: Wörtliche Reden in diesem Beitrag sind nicht wirklich wörtliche Reden, sondern paraphrasierte Aussagen mit gleichem Inhalt.
Kommentare
3 Antworten zu „Betrug!?“
[…] nach Polen zu überschreiten (da war ich nämlich noch nie gewesen vorher). Auf dem Weg gab es noch Probleme mit der Fahrkarte, aber davon habe ich ja heute morgen schon ausführlich geschrieben. Lustig war noch eine Szene […]
[…] auch hier regen mich Halbwahrheiten mehr auf. Über meine krasseste Sache mit der Bahn habe ich vor einem Jahr geschrieben, da hatte es etwas gedauert, bis ich den lieben Leuten klarmachen konnte, dass […]
[…] Fahrkarten beinhalteten einen Abschnitt, den man in beide Richtungen befährt, und nach meinen schlechten Erfahrungen im Mai war ich skeptisch, ob das so funktioniert, also fragte er bei der Bahn nach und bekam eine positive […]