Qualitätsdünen

Einer meiner neuen Kollegen hat mich auf das neue Buch von Mark-Uwe Kling hingewiesen: QualityLand. In einer leicht dystopischen Zukunft hat sich das Land eine neue Country Identity gegeben, um den mit historischem Balast beladenen alten Namen loszuwerden, und heißt jetzt eben Qualityland. Die Hauptstadt ist Quality City. Die Hauptperson Peter Arbeitsloser (den Nachnamen erhalten alle Jungen nach dem Beruf des Vaters bei der Zeugung) arbeitet als Maschinenverschrotter; reparieren von Geräten ist durch das Konsumschutzgesetz verboten. Die semiintelligenten Roboter versuchen daher, vor den Menschen ihre kleinen Macken zu verbergen, denn sonst würden sie ja eben ihre Existenz verlieren.

In Qualityland braucht man nichts mehr zu bestellen, denn die Algorithmen wissen immer schon genau, was man eigentlich möchte oder braucht. Das betrifft auch Partnerschaften (wenigstens, wenn man Kunde bei Qualitypartner ist). Alle Menschen werden in Level einsortiert; unter 10 gilt man als Nutzlos, aber niemand ist auf null, damit auch die Nutzlosesten noch auf jemanden herunterschauen können, und niemand ist auf 100, damit auch die besten noch einen Ansporn haben.

Zur Handlung: Mit Jon of Us wird ein Androide zur Wahl des Präsidenten aufgestellt. Er hat sinnvolle Einsichten zum Thema Arbeit in einer hochtechnisierten Gesellschaft (also, dass einfach nicht alle arbeiten müssten und man Wohlstand auch anders definieren könnte). Ihm gegenüber steht ein rassistischer Populist, der Massenarbeitslosigkeit lieber auf Einwanderer und die bösen Roboter schiebt, anstatt sich damit auseinanderzusetzen, ob sich die Gesellschaft nicht einfach den neuen Gegebenheiten anpassen solle. Peter Arbeitsloser versucht währenddessen, einen Artikel, den er zugeschickt bekommen hat, den er aber nicht will, zurückzugeben, was ihm aber nicht gelingt – denn das System weiß doch, dass er es eigentlich will!

Qualityland ist ein sehr kurzweilig geschriebenes Buch mit vielen lustigen und absurden Ideen. Lieferdrohnen zum Beispiel wollen immerzu bewertet werden, und Peter weiß schon genau: Wenn er weniger als zehn Sterne gibt, muss er nachher wieder einen nervigen Fragebogen beantworten, also gibt er einfach immer die volle Punktzahl. Bücher werden dem Geschmack des Lesenden angepasst, sodass man zum Beispiel ein Buch namens „Frieden“ von Tolstoj lesen kann. Das Buch ist kurzweilig und gut zu lesen.

Etwas schwerere Kost bietet Dune von Frank Herbert. In ferner Zukunft (um das Jahr 10000, aber es ist nicht klar, ob das nach unserer Zeitrechnung gezählt ist) sind Computer verbannt, und so wird die Geschichte mit einiger fortgeschrittener Technologie, aber dennoch sehr archaisch dargestellt. Es existiert ein Feudalsystem, in dem die großen Adelsfamilien im Landsraad dem Kaiser gegenüberstehen. Die Familie Atreidis wird beordert, von ihrem Planeten Caladan wegzuziehen und den Wüstenplanet Arrakis zu übernehmen. Der Grund dafür wird nicht klar, aber direkt am Anfang des Buches wird darauf hingedeutet, dass Paul, der Sohn der Familie, dort zur religiösen Figur aufsteigen wird und sein Vater von der vorher dort herrschenden Familie, den Harkonnens, zu Fall gebracht und getötet werden wird.

Über jedem Kapitel stehen kurze Ausschnitte aus „historischen“ Zusammenfassungen dieser Zeit, aus denen man viel schon vorher herauslesen kann. Ein großer Fokus wird am Anfang der Geschichte auf den Verrat, der das Haus Artreidis vernichten soll, gelegt, aber letztlich wird mir aus der Erzählung des eigentlichen Angriffes nicht klar, warum dieser Verrat überhaupt nötig war – die Angreifer kommen mit dermaßen überlegener Feuerkraft, dass der Verrat an sich nur ein kleines Detail ist. Nun, es geschieht, Paul taucht unter, wird als Messias gefeiert und gewinnt am Ende gegen den Kaiser. Nein, das war nicht wirklich ein Spoiler.

Paul ist das Ergebnis eines Jahrtausende überdauernden Zuchtprogrammes eines geheimnisvollen Frauenordens, dem seine Mutter angehört; diese Frauen haben übernatürliche geistige Kräfte, die in Paul kumulieren. Paul kann (nicht als einziger Mensch) in die Zukunft blicken, aber oft verwirrt ihn das nur.

Das Buch besteht ohne Probleme den Bechdeltest, aber ansonsten sind Frauen dabei reine Verhandlungsmasse in den Überlegungen und Geschäften der Männer. Selbst der Frauenorden, Bene Gesserit, der wenigstens einen kleinen Teil Selbstbestimmung und eigene Agenda der Frauen bedeutet, hilft da nicht viel. Insbesondere endet das Buch mit Anhängen (also Teile der Welt, über die der Autor noch erzählen wollte, die er aber in der Handlung nicht mehr untergekriegt hat), und in einem davon dekonstruiert er gekonnt die Handlungen dieses Ordens als vollkommen unsinnig – die Frauen haben also einfach nichts zu sagen und obendrein total keine Ahnung.

Dennoch ist das Buch spannend, sobald man sich durch die Anfänge durchgebohrt hat und das grobe Setting versteht. Aktuell habe ich mit dem zweiten Dune-Band angefangen, hier tauchen Fischmenschen und Gestaltwandler auf und konspirieren, um Paul zu schaden; klingt nicht sehr vielversprechend, leider.


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